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Historie

Obwohl die Firma Minox in den 60er Jahren des 20 Jahrhunderts mit den 11x8mm Kameras einen enormen Erfolg hatte und die Firma-Minox der Eigner-Familie Rinn viel Geld in die Kassen spülte, schwächelte der Absatz dieser Kameralinie Anfang der 70er Jahre deutlich. Besonders bedrohlich wurde die Lage 1972, als Kodak den 110 Film auf den Markt brachte. Mit diesem Kassetten-Filmformat wurden Kameras mit Abmessungen gebaut, welche den Minox B und C Modellen direkte Konkurrenz machten, sogar der Aufzugmechanismus war dem der Minox sehr ähnlich. Nach dem Walter Zapp, der Entwickler der 8×11 Linie, nicht mehr bei Minox arbeitete musste ein neuer technische Leiter mit einer neuen Kamera-Idee gefunden werden. Der neue technische Leiter und spätere Geschäftsführer der Firma Minox fand sich in Erst Krull, dieser wurde am 1. Januar 1972 technischer Direktor bei Minox . Als Vorstandsmitglied der Braun AG Kronberg (Bereich Photo) hatte er reichlich Erfahrung in der Entwicklung in dieser Branche gesammelt, zumal er schon zuvor für einige Jahre Konstruktionsleiter bei Minox gewesen war. Ursprünglich war Herr Krull leitender Konstrukteur bei Möller-Wedel.
Am 01.07.1972 wurde in Wetzlar-Nauborn das Entwicklungsbüro Ernst Krull & Co.GmbH gegründet. Gesellschafter waren Frau Krull und Herr Johannsen, ein Mitarbeiter aus den Zeiten von Möller-Wedel. Weitere Mitarbeiter in diesem Konstruktionsbüro waren Martin Grünbacher und Frau Ader.

Nachdem Krull zu von Möller-Wedel erstmals zu Minox wechselte, ging Herr Johannsen als Konstruktionsleiter zum ett-Gerätewerk (vormals Zeiss Ikon) nach Braunschweig. Die Wege fanden sich wieder bei der „Braun Tochter Nizo“ in München. Krull war zu dieser Zeit auch Geschäftsführer der Braun-Tochter und Johannsen sein Konstruktionsleiter. In dieser Zeit trat Martin Grünbacher in das Team Krull/Johannsen ein und ging anschließend mit nach Wetzlar. Diese Entwicklungsgruppe hat unter anderem das Agfa-K-Diarähmchen, und das Agfa-C-Rähmchen erfunden.

Johannsen hatte die Idee, eine kleine leichte Zweitkamera für den 35 mm-Film zu entwickeln, die als Ergänzung zu den großen Spiegelreflexkameras gedacht war. Krull griff diese Idee auf und legte die für die Minox-Cameras typische Spezifikation fest: Die Kamera sollte in die Hemdtasche eines Herrenhemdes passen und nicht schwerer als 100 gr. sein.

Krull bot eine Option auf das Entwicklungsprodukt seinem damaligen Arbeitgeber Minox an, der dann auch zugriff. Der Beginn der Entwicklungsarbeiten war der 01.07.1972.Vieles musste entwickelt werden: Aus Gewichtsgründen kam nur ein Kunststoffgehäuse in Frage; die Firma Minox hatte in der Kunststoff-Fertigung keine Erfahrung, hier half die Firma-Balda in Bünde aus, welche in Karl-Heinz Lange einen Kunstoff- und Kameraexperten hatte und Herrn Meissener für das Minoxprojekt abstellte. So wurden die ersten Gehäuse der EL sowie später die Werkzeuge bei Balda gefertigt. Das Gehäuse entwarf Prof.Richard Fischer der Werkkunstschule Offenbach, den Krull noch aus seiner Zeit bei der Braun AG kannte.

Eine Optik sowie ein Sucher musste gefunden werden. Auch hier hatte die Firma Minox wenig Erfahrungen, sie fertigte zwar die Optik ür die 8×11 Kameras, hatte aber nie selber welche entworfen. Zum Glück ist die Gegend um Wetzlar mit Optik-Firmen gesegnet, die Firma Will, bekannt für ihre Projektionsoptiken, entwarf den Sucher sowie das Objektiv, beide wurden anfänglich auch bei Will gefertigt. Das Objektiv, ein Tessar, war wohl auch von einem bestehenden Objektiv der Firma Balda inspiriert.

Ein kleiner Zentralverschluss musste entworfen werden, hier entwarf Herr Grünbacher den für die Minox-Cameras typischen Verschluss mit zwei den Magneten, welcher in dem winzigen Tubus auch noch Zeiten von 1/500 erreichte. Der Verschluss war anscheinend der schwierigste Teil der Minox-35 Konstruktion; Herr Grünbacher löste das Problem ebenso geschickt wie Walter Zapp ür die 8×11 Kameras.
Nachdem die ersten Entwicklungen vorlagen, bei denen die Elektronik noch mit einem 3-stufigen DIN Umschaltung bei Minox entwickelt worden war, stellte sich heraus das die Elektronik der Verschluss- und Belichtungssteuerung nicht sauber funktionierte: weder Minox noch das Konstruktions-Büro Krull hatten ausreichende Erfahrung mit der Elektronik. In den 70er Jahren war der Stand der Elektronik noch ein anderer als heute: Dickschicht-Wiederstände auf gedruckten Schaltungen sowie ICs und flexible Platinen waren Neuland, so tauchten zu dieser Zeit die ersten OP-Amps auf.

Krull schaltete die damals noch junge Elektronikfirma Helmut Hund GmbH. für die Entwicklung der Elektronik ein. Dort wurde dann die Elektronik vollkommen anders konzipiert und auch der Verschluss an die neue Elektronik angepasst, Doppelbelichtungsfunktion und Selbstauslöser kamen später. Die ersten Dickschicht-Wiederstände auf flexibler gedruckten Schaltungen in Deutschland wurden hier in der DIN-Einstellung realisiert; der Verschluss wurde über einen Komperator mit einem der neuen OP-Amps gesteuert. Erst ab der GT wurde ein Teil der Elektronik in ein IC, von Ferranti, gepackt. Die Elektronik wurde dann auch bei Hund gefertigt und täglich Minox im 20 km entfernten Heuchelheim angeliefert. Die Elektronik für die EL-Serie, aber nicht für die ML-Serie, kam bis zum Konkurs der Firma Minox weiterhin von der Firma Hund.

Nach knapp 2 Jähriger Entwicklungsarbeit konnte die Minox 35 EL schon1974 auf der Photokina vorgestellt werden und zwar nicht nur als Muster, es lagen schon ca. 1000 fertige Serienmodelle vor, welche gleich auf der Messe verkauft wurden.

Der Erfolg der EL überraschte Minox zwar nicht, man glaubte an das Produkt, aber die Ausmaß des Erfolges schon: Die Fertigungsmengen betrugen anfänglich 40 Stück täglich und steigerten sich auf bis1200 Einheiten täglich. Das Ziel von Krull war erreicht, die Firma Minox war für das Erste gerettet. Die hohen Produktionszahlen bedingten in der ersten Zeit einen hohen Fertigungsanteil bei der Firma Will und für ca. 4 Jahre bei Balda, als dann genügend Mittel vorhanden waren, wurde die Produktion ganz bei Minox durchgeführt.
Nicht nur für Minox war die Entwicklung der Minox 35 segensreich, da Hund die Entwicklung der Elektronik gegen die Fertigungs-Zusage kostenfrei durchgeführt hatte konnte die kleine Firma kräftig wachsen und später zwei weitere Unternehmen der Optik Branche kaufen und zwar 1984 die Fa. Herzog KG mit 85 Mitarbeitern und 1988 die Fa. Will Wetzlar GmbH (Eigentümer Wild- Leitz) mit über 200 Mitarbeitern und der ganzen Liegenschaft. 150 Mitarbeiter von Will wechselten in diesem Zuge zu Leica Kamera, die zur gleichen Zeit aus dem Wild-Leitz Konzern nach Solms ausgegliedert worden waren.

Später entwickelte das Duo Grünbacher/ Hund die Minox EC und Martin Grünbacher wechselte 1980 als Entwicklungsleiter zur Hund GmbH.
Krull schied wenig später bei Minox aus und verstarb ca.1990.

Nachdem Minox mit den 8×11 und der EL zweimal ein großer Entwurf gelungen war, gelang dieses nicht ein drittes Mal:  Die Minox 8×11 Cameras hatten die Zigarrenfabrik Rinn gerettet, die EL hatte Minox gerettet. Es fand sich leider kein neues Konzept um Minox zu retten. Obwohl ausreichend Vorschläge, sogar von Walter Zapp, eingebracht wurden, wie z.B. eine Camera mit Entfernungsmesser, eine Minispiegelreflex-Camera des Entwickler-Duo Grünbacher und Hund, sowie Halbformatkameras von Hans Waaske, dem Entwickler der Rollei 35, wurden diese nie umgesetzt. sondern entzogen der Firma zusätzlich Mittel. Es fehlte nicht an Ideen, wohl aber an einem Geschäftsführer wie Ernst Krull.  Die Eigner der Firma schaffte es nicht ein tragfähiges Konzept zu entwickeln und so ging die Firma in die Insolvenz.

Herr Helmut Hund mit durchsichtiger Minox 35 EL, Minoc EC und
Minox-Platinen aus seiner Fertigung.

 


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04.08.05